Coaching-Sitzung 4 – Coachee: „Ich möchte ein stabiles Selbst-Vertrauen entwickeln.“

Hättest du mich in meiner Jugend gefragt, ob ich Selbst-Vertrauen habe, hätte ich deine Frage mit einem überzeugten „Ja“ beantwortet. Und hättest du meine Freunde gefragt, hätten sie dies sicherlich ebenfalls bestätigt. Ich wirkte wie ein selbstbewusster Mensch, den nichts umhauen kann. Wie sich aber durch mein Schockerlebnis im Juli 1997 gezeigt hat, war dies nicht der Fall, denn sonst hätte ich nicht im Bruchteil einer Sekunde für 23 Jahre aus der Bahn geworfen werden können, ohne vorerst wieder zurück in die Spur zu finden. Stattdessen wurde mein Leben von dieser Sekunde an von Unsicherheit und Selbstzweifeln begleitet. Es fehlte mir das Vertrauen in mich, meine Gefühle, meine Fähigkeiten, meine Entscheidungen und sogar meine Sinnesorgane. Mein Zustand war zwischenzeitlich so schlimm, dass ich daran gezweifelt habe, ob das, was ich gerade sehe, wirklich die Realität ist, was starke Ängste in mir ausgelöst hat. Vor Panik und Unsicherheit konnte ich nicht aufhören, die Frage zu denken: „Was wäre, wenn das was ich sehe nicht die Realität wäre?“. Ich musste mir diese Frage insbesondere in großen Drucksituationen zwanghaft immer wieder stellen, aus Angst, dass ich sonst erst recht den Kontakt zur Realität verliere. Und so ging es mir mit vielen normalen Themen, die auf einmal Ängste in mir ausgelöst haben. Ich bin gedanklich in Sphären vorgedrungen, die mich fast an den Rand meines Fassungsvermögens gebracht haben. Das war eine sehr belastende Zeit, die ich heute aber nicht mehr missen möchte, weil ich dadurch in den Frieden mit mir und dem Leben gekommen bin. Es ist wie es ist.  

Trotz meines inneren Chaos und meiner Instabilität wurde mir auch bei einem meiner Arbeitgeber als Feedback gegeben, dass ich ein sehr selbstbewusster Mensch sei, gegenüber dem es andere Menschen, die nicht so selbstbewusst sind, schwer hätten. Als ich das hörte, war ich überrascht, denn meine Selbstwahrnehmung stimmte nicht mit der Fremdwahrnehmung überein. Ich war davon ausgegangen, dass meine Mitmenschen spüren, dass ich weder Selbst-Bewusst-Sein noch Selbst-Vertrauen besaß. All dies durfte ich erst in den kommenden Jahren entwickeln, nachdem mir durch das Buch „Das Kind in dir muss Heimat finden“ von Stefanie Stahl bewusst geworden war, worin mein Kernproblem bestand.

Wie bei unserem Selbst-Wert wird kein Mensch mit Selbst-Vertrauen oder Selbst-Bewusst-Sein geboren, sondern wir eignen uns dieses im Laufe des Lebens an, wenn wir ein Bewusstsein für diese Themen entwickeln. Es ist wieder mal ein ganz natürlicher Schritt im menschlichen Entwicklungsprozess, wenn wir es wissen, verstehen und annehmen. Insofern braucht sich wieder niemand dafür zu schämen, wenn er noch nicht so weit ist. Jeder Mensch kann Selbst-Vertrauen und Selbst-Bewusst-Sein entwickeln.

Selbst-Vertrauen vs. Selbst-Bewusst-Sein

Bevor ich auf die Coaching-Sitzung eingehe, möchte ich gerne auf die beiden Begriffe Selbst-Vertrauen und Selbst-Bewusst-Sein eingehen, da diese sehr häufig synonym verwendet werden, was aber nicht der Fall ist. Dies durfte ich durch einen Artikel des Benediktiner Mönches Anselm Grün lernen. Anselm Grün ist einer der führenden christlichen und spirituellen Autoren Deutschlands. Er hat über 300 Bücher geschrieben, die weltweit mehr als 14 Millionen Mal verkauft worden sind.

Im Grunde genommen hat er in diesem Artikel nichts anderes gemacht, als die beiden Begriffe auseinander zu nehmen und so zu formulieren wie deren Bedeutung ist:

Selbst-Vertrauen = Ich kann mir selbst vertrauen oder ich vertraue mir selbst

Selbst-Bewusst-Sein = Ich bin mir meiner selbst bewusst

Anhand dieser Darstellung kannst du erkennen, dass die Bedeutung der beiden Begriffe eine gänzlich unterschiedliche ist, die nichts miteinander zu tun hat.

Du kennst sicherlich auch die Begriffe Gottvertrauen oder Urvertrauen, die folgende Bedeutungen haben:

  • Gottvertrauen: „Unter Gottvertrauen versteht man in erster Linie das Vertrauen des Menschen auf Gott und sein Handeln. Teilweise wird damit auch gemeint, der Schöpfung Gottes zu vertrauen, d. h. in jedem Lebewesen ob nun Mensch, Tier oder Pflanze Gotteswerk zu sehen und sich an diesem zu erfreuen.“ (https://de.wikipedia.org/wiki/Gottvertrauen)
  • Urvertrauen: „aus der engen Mutter-Kind-Beziehung im Säuglingsalter hervorgegangenes natürliches Vertrauen des Menschen zu seiner Umwelt“ (Oxford Languages)

In der heutigen Coaching-Sitzung geht es also um das Selbst-Vertrauen, also das Vertrauen in sich selbst.

Das Anliegen der heutigen Sitzung lautet: „Ich möchte ein stabiles Selbst-Vertrauen entwickeln.“

Hinweis

Wie auch schon beim Selbst-Wert und allen folgenden Themen möchte ich darauf hinweisen, dass es natürlich nicht realistisch ist, innerhalb einer Sitzung ein stabiles Selbst-Vertrauen zu entwickeln. Hierbei handelt es sich wieder um einen Prozess, der wie bei jedem Training einer neuen Disziplin Zeit, Geduld und Wiederholung erfordert. Die Sitzung ist aber der erste entscheidende Schritt in die Richtung, dein Selbst-Vertrauen zu stärken bis es dann irgendwann stabil steht.   

Erster Schritt: Klärung der Absicht des Coachings

Im ersten Schritt der Coaching-Sitzung klären wir zunächst wieder deine Absicht, mit der du diese Coaching-Sitzung bearbeitest.

Bei deiner Absicht handelt es sich um die Frage, warum du diese Coaching-Sitzung wahrnimmst. Du setzt dich schließlich mit einer gewissen Erwartung hin, um deine Coaching-Sitzung zu bearbeiten. Welche ist das?

Um deine Absicht zu klären, kannst du dich fragen:

Welche Erwartung habe ich an die Sitzung? Was hat sich für mich in meinem Leben nach der Bearbeitung geändert? Wie fühle ich mich danach? Wenn sich die Bearbeitung der Sitzung für mich gelohnt hat, was ist dann passiert?

Nimm dir hierfür nun ein Blatt Papier und einen Stift und schreibe dir deine Absicht bitte auf.
Alternativ druck dir wieder die Vorlage aus und bearbeite diese.

Wie in jeder Coaching-Sitzung möchten wir den Fortschritt sichtbar machen. Für diesen Zweck stelle dir bitte im Hinblick auf deine Absicht die Frage:

Wo stehst du auf einer Skala von null bis zehn jetzt in Bezug auf deine Absicht? ______

Zweiter Schritt: Klärung deines konkreten Anliegens

Im zweiten Schritt geht es nun darum, dein konkretes Anliegen zu definieren.  

Was ist dein Anliegen? Was ist deine Frage? Zu welchem Thema soll gecoacht werden?

Auch hier möchte ich nochmal in Erinnerung rufen, dass bei der Formulierung deines Anliegens drei Kriterien eingehalten werden dürfen:

  1. Das Anliegen ist positiv formuliert.
  2. Das Anliegen ist selbst erreichbar.
  3. Das Anliegen ist messbar.

Die Klärung deines Anliegens entfällt in  Form der Blog-Coaching-Sitzungen jedoch, weil ich das Anliegen schon definiert habe:

„Ich möchte ein stabiles Selbst-Vertrauen entwickeln.“

Wie auch schon bei der Absichtsklärung dürfen wir nun zunächst einmal deinen Status quo festhalten, um deinen Fortschritt sichtbar zu machen:

Wo stehst du auf einer Skala von null bis zehn jetzt in Bezug auf dieses Anliegen? ______

Dritter Schritt: Wie bin ich auf meine Bewertung zum Selbst-Vertrauen gekommen?

Wenn du die erste Coaching-Sitzung bearbeitet und dabei dein Lebensrad erstellt hast, hast du eine Bewertung deines Selbst-Vertrauens auf einer Skala von 0 bis 10 (0 = kein Selbst-Vertrauen; 10 = stabiles Selbst-Vertrauen) vorgenommen.

Bitte trage deine Bewertung hier nochmal ein: ____

Nun frage dich bitte, wie du auf diese Bewertung gekommen bist, und schreibe diese auf. Mach dir dabei bitte nochmal bewusst, dass es darum geht, ob du dir selbst vertrauen kannst oder nicht.

In meinem Fall hätte ich in den 23 Jahren nach meinem Schockerlebnis aufgeschrieben:

„Ich habe kein Vertrauen in meine Gefühle zu meiner Freundin.“

Ich zweifele hin und wieder an dem, was ich sehe, höre oder denke.

Ich habe kein Vertrauen in mich, dass ich dies und jenes gelernt oder geschafft bekomme.“

Vierter Schritt: Was möchte ich nicht mehr?

Viele Menschen wissen nicht was sie möchten, aber sie wissen was sie nicht mehr möchten.

Bitte schreibe dir auf, was du im Hinblick auf dein Selbst-Vertrauen nicht mehr möchtest.

Meine Antwort wäre gewesen:

Ich möchte nicht mehr an mir, meinen Gefühlen, meinen Fähigkeiten, meinen Entscheidungen, meinen Gedanken und meinen Sinnesorganen zweifeln.“

Fünfter Schritt: Was möchte ich erreichen?

Einerseits kannst du bei diesem Schritt nun deine Aussagen fortführen und diese positiv formulieren. Andererseits kannst du weitere Punkte ergänzen, die dir wichtig sind und am Herzen liegen. Was sind deine Punkte? Schreibe sie dir wieder auf.

Meine Antwortet hätten gelautet:

Ich möchte mir voll und ganz vertrauen.“

Sechster Schritt: Lösungen erarbeiten

Im sechsten Schritt geht es nun darum, deine Lösungen zur Klärung deines Anliegens zu finden. Die für mich wichtigste Frage in diesem Zusammenhang lautet nach wie vor:

Was brauchst du, um dir selbst vertrauen zu können?

Schreibe bitte wieder erstmal alle Punkte auf, die dir einfallen damit du dieses Anliegen lösen und diesen Lebenszustand erreichen kannst.

Einige Antworten könnten lauten:

„Verständnis über den Aufbau von Selbst-Vertrauen.“

„Ich brauche eine Analyse meiner Vergangenheit, um Situationen zu finden, in denen ich Dinge geschafft habe, die ich vorher für unmöglich gehalten habe.“

„Ich brauche Geduld und Zeit, um positive Erfahrungen zu sammeln, auf deren Basis ich mein Selbst-Vertrauen stärke.“

Ich könnte nochmal ein Buch dazu lesen oder einen Podcast dazu hören.

Ich darf es einfach tun: mir vertrauen, denn vertrauen ist wieder ein Tu-Wort.

Ich entscheide mich dafür, mir selbst zu vertrauen.“

Ich darf ein Erfolgsjournal führen.“

Ich formuliere einen realistischen und hilfreichen Gedanken in Bezug auf mein Selbst-Vertrauen.

Coaching Tools: Mikrothesen und Zeitlinie

Im Rahmen eines Präsenzcoachings würde ich dir Mikrothesen stellen. Bei den Mikrothesen handelt es sich um „Aussagen mit fragendem Unterton, welche den Coachee darin unterstützen, in sich hineinzuhorchen und hinein zu fühlen, was er selbst – als Experte für sich selbst – in seinem Inneren wahrnimmt“. ((Quelle))

Solche Mikrothesen könnten lauten:

  • Würde es dir helfen, in deiner Vergangenheit nach Situationen zu suchen, in denen du Dinge geschafft hast, die du vorher für unmöglich gehalten hast?
  • Wäre es eine Option, solange ein Erfolgsjournal zu führen bis du ein stabiles Selbst-Vertrauen hast? In dieses Erfolgsjournal trägst du täglich Ereignisse ein, die du entgegen deiner Erwartung geschafft hast.
  • Würde dir der realistische und hilfreiche Gedanke helfen: Ich weiß, dass mein Selbst-Vertrauen aktuell noch auf wackligen Beinen steht, aber das ist in Ordnung. Niemand wird mit einem stabilen Selbst-Vertrauen geboren. Auch ich kann mir ein stabiles Selbst-Vertrauen aufbauen. Alles was ich dafür brauche, ist Zeit und Geduld. Irgendwann kommt der Tag, an dem ich ein stabiles Selbst-Vertrauen habe. Darauf freue ich mich.“ 

So hast du als Coachee die Möglichkeit, dich innerlich zu fragen, ob dies eine Lösung sein könnte, um diese dann für dich anzunehmen und umzusetzen oder eigene Lösungen zu finden.

Wir würden dann die Zeitlinie von deiner Geburt bis heute zeichnen und nach diesen Ereignissen und Situationen suchen. Dabei wirst du feststellen, dass du in deinem Leben schon sehr viel geschafft hast, was dein Selbst-Vertrauen stärkt.

Siebter Schritt: Umsetzungen zur Lösung hin 

Wenn sich in deinen Lösungen To-dos ergeben, so kannst du deren Umsetzung zeitlich terminieren, damit es auch zur Umsetzung kommt und dies nicht bloß Theorie bleibt. Du weißt ja, dass Wissen alleine nichts ändert. Nur angewandtes Wissen führt zu einer Veränderung.  

Außerdem könntest du in Form einer Hausaufgabe deine Vergangenheitsanalyse alleine fortsetzen, um dein Selbst-Vertrauen weiter zu stärken. 

Achter Schritt: Abschluss

Wenn auch dies erledigt ist, stellt sich die Frage:

Bist du mit dem Ergebnis der heutigen Sitzung zufrieden und kannst diese damit jetzt abschließen oder brauchst du noch mehr?

Wenn du merkst, dass du noch mehr benötigst, dann überlege, was dir noch fehlt, damit du das Thema für heute zu deiner Zufriedenheit abschließen kannst, und ergänze die Punkte auf deiner Liste.

Wenn du zu dem Ergebnis kommst, dass du für heute zufrieden bist und nichts mehr brauchst, dann beantworte bitte noch zum Schluss die beiden Fragen:

Wo stehst du auf einer Skala von null bis zehn jetzt am Ende der Sitzung in Bezug auf deine Absicht? ______

Wo stehst du auf einer Skala von null bis zehn jetzt am Ende der Sitzung in Bezug auf dieses Anliegen? ______

Vergleiche bitte die Werte mit den Werten zu Beginn der Sitzung.

Kannst du einen Fortschritt sehen?

Herzlichen Glückwunsch. Du hast einen weiteren wichtigen Schritt in Richtung eines Lebens in Leichtigkeit, Spaß, Freude und Gesundheit gemacht.

Dennoch möchte ich dir ans Herz legen, nochmal meine Hinweise vor Beginn der Reise auf deine Sonnenseite des Lebens zu lesen, damit du diese Reise mit Freude, Ruhe und Gelassenheit machst. Du weißt ja, dass der Weg das Ziel ist. Insofern kannst du dein Leben schon jetzt genießen. 

Themenspeicher

Unter Umständen hast du bei der Bearbeitung der Coaching-Sitzung wieder festgestellt, dass Themen aufgekommen sind, die du gerne zu einem späteren Zeitpunkt bearbeiten möchtest. Diese kannst du erneut in deinem Themenspeicher festhalten. So hast du die Themen festgehalten und kannst von Zeit zu Zeit prüfen, ob diese noch relevant sind und einer Bearbeitung bedürfen.

Abschluss

Damit sind wir am Ende der vierten Coaching-Sitzung angekommen. Ich hoffe, dass dir die Sitzung etwas gebracht hat und du weitere wichtige Erkenntnisse und Impulse für dein Leben bekommen hast.

In der nächsten Blog-Coaching-Sitzung setze ich die Reise mit dem Anliegen „Ich möchte mich nicht mehr mit anderen vergleichen“ fort.

Ich freue mich, wenn du weiterhin dabei bist und an einem fröhlichen Leben in Leichtigkeit, Spaß, Freude und Gesundheit arbeitest.

Falls du Fragen oder Anmerkungen zu dieser Coaching-Sitzung hast, kannst du mir wie immer gerne eine Nachricht schreiben.

Viele Grüße

Philip

Foto von Niklas Ohlrogge auf Unsplash

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